Sabine Jaeschke

Unternehmerisch denken und

Gutes tun

Die Initialzündung für Sabines Herzensprojekt war ein Erlebnis in einem Supermarkt: „Ich stand an der Kasse in der Schlange und habe gesehen, wie mit alten Leuten umgegangen wird, die ihre letzten Cents zusammenkratzen und dann Dinge zurückgehen lassen, weil sie nicht genug Geld haben. Das hat mich nachdenklich gemacht.“ Sabine nahm sich vor mit einem Projekt Öffentlichkeit zu schaffen dafür, was alles im Argen liegt, auch in einer reichen Stadt wie München und so entwickelte sie ein Teamevent für Unternehmen: „Ich habe mir gedacht, es muss doch möglich sein, Unternehmen dazu zu bringen, Teamevents in eine andere Richtung zu denken. Also vielleicht nicht auf der Isar zu raften, sondern gemeinsam etwas Nachhaltiges zu tun.“ So entstand  „TUN BEWEGT / Das Teamevent mit sozialer Wirkung“. Sie nahm Kontakt auf mit verschiedenen gemeinnützigen Organisationen in München, wie Bayerns beste Gipfelstürmer, Bellevue di Monaco, Green City und zahlreichen anderen, die verschiedene Themen unterstützen, von Inklusion über Flüchtlingshilfe, Unterstützung von Kindern und Alten bis hin zu Umweltschutz. Sie wählte bewusst eher lokale Organisationen aus, die abhängig sind von Spenden und keinen großen Hintergrund haben wie Greenpeace oder Ärzte ohne Grenzen.

Der Ablauf des Events ist relativ einfach. Im Unternehmen bilden sich mehrere Teams. Jedes Team besucht eine andere Organisation, die jeweils über ihre Arbeit und ihre täglichen Herausforderungen berichtet. Zurück im Unternehmen bereitet jedes Team eine Präsentation vor, mit der es den Kolleg*innen die jeweilige Organisation vorstellt. Jede besuchte Organisation bekommt eine Spende. Die beste Präsentation allerdings „gewinnt“ und diese Organisation bekommt das meiste Geld.

Impact auf die Unternehmens- und Mitarbeiterkultur

2020 war es dann soweit. Microsoft hatte sich als erstes Unternehmen für TUN BEWEGT entschieden und im Februar fand das erste Teamevent statt. Es war ein voller Erfolg: „Als ich gesehen habe, wie engagiert das Team mit den Mitarbeiter*innen in der sozialen Einrichtung zwei Stunden lang diskutiert hat, da war ich geplättet. Wie ernst sie das genommen haben, wie interessiert sie waren, und sich auch wirklich überlegt haben, was sie für die Organisation tun können. Und wie sie dann hierarchieübergreifend an der Präsentation gearbeitet haben, engagiert bis zur letzten Minute, das war wahnsinnig schön zu sehen.“ Das Feedback von Microsoft war entsprechend. Die Mitarbeiter*innen sagten übereinstimmend, dass sie so etwas noch nie gemacht hätten und nicht gedacht hätten, dass es so berührend sei.

Für Sabine besonders wichtig war die Tatsache, dass die Mitarbeiter*innen ihre Erfahrung mit den anderen Kolleg*innen geteilt haben: „Das ist genau das, was ich will, dieses Schneeballprinzip. Das soziale Engagement hat einen Impact auf die Unternehmens- und die Mitarbeiterkultur.“ Kolleg*innen lernen sich auf diese Weise noch einmal anders kennen und lernen voneinander. Sabine ist denn auch davon überzeugt, dass Unternehmen mit dieser Art Event für das Teambuilding viel erreichen können. Hinzu kommt, dass die Mitarbeiter*innen einmal die Perspektive wechseln und über den Tellerrand schauen. Das wirkt nachhaltig und macht auch Spaß.

Für Sabine ist TUN-BEWEGT nicht das erste soziale Projekt. 2014 hatte sie Tor ins Glück etabliert, ein Fussballtippspiel zur Fußballweltmeisterschaft, mit dem sie auch Spenden für gemeinnützige Organisationen gesammelt hat. Auch das lief gut, bis die deutsche Nationalmannschaft immer schlechter spielte und die Fußballfans das Interesse verloren. Als dann 2018 die deutsche Mannschaft schon in der Vorrunde ausgeschieden ist, war das praktisch auch das Aus für das Tor ins Glück. Sabine ist es sehr schwer gefallen, das Projekt loszulassen, denn auch da hat sie viel bewegt und es sind menschlich sehr beeindruckende Dinge passiert. „Aber wie heißt es, wenn du auf die Nase fällst, Krone richten und wieder losgehen. Und das habe ich getan. Ich wusste, ich will etwas Neues auf den Weg bringen und das war dann TUN BEWEGT.“

Speedvariante als kurzweilige Unterbrechung

Doch kaum war TUN BEWEGT mit Microsoft so wunderbar angelaufen, musste sie die Krone noch einmal richten. Mit Corona und dem Lockdown im März 2020 waren die Teamevents nicht mehr möglich. „Ich bin in ein Loch gefallen, aber ich habe mich wieder rausgerappelt und mir überlegt, was ich tun kann.“  So entwickelte sie ein Konzept für ein virtuelles TUN BEWEGT und eine Speedvariante, die 30 Minuten dauert. Sie ist eine kurzweilige, entspannende Unterbrechung für (virtuelle) Meetings und Konferenzen. Die Teilnehmer*innen sehen alle einen 5-minütigen Film über die Arbeit einer der von Sabine ausgewählten Organisationen und anschließend werden Teams gebildet, die dann Fragen zum Film beantworten müssen. Auch hier gewinnt das beste Team und die Organisation bekommt am Ende eine Spende. Und auch hier bleibt der Blick über den Tellerrand: Die kurzen Filme zeigen Einrichtungen und ihr soziales Engagement, von dem wir oft gar nichts wissen und sie zeigen auf beeindruckende Weise, was die Ehrenamtlichen vor Ort leisten.

Sabine ist Werbefachwirtin. Lange hat sie in einem amerikanischen Konzern gearbeitet und dort Marketing und Kommunikation verantwortet. Nach einer Umstrukturierung im Unternehmen wollte sie nicht mehr bleiben und hat getan, was sie eigentlich nie wollte: sie hat sich selbstständig gemacht. In ihrer Firma, K1A – Das Kommunikationswerk, arbeitet sie im B2B Sektor. „Wir sind eine Agentur, die bekannt dafür ist, dass wir viel fragen. Uns geht es erst einmal um die Botschaft, dann um die Werbung. Wir wollen genau verstehen und erarbeiten mit den Kunden sehr genau, worum es geht, was wichtig ist und dann schauen wir, wie wir das visualisieren.“ Nachdem sie selbst lange in Unternehmen gearbeitet hat, kennt sie die Unternehmerseite und weiß, wie interne Abstimmungsprozesse laufen. Das ist von Vorteil für die Arbeit in der Agentur, aber auch für das soziale Engagement mit TUN BEWEGT.

Gutes tun als Selbstverständlichkeit

Wenn sie zurückblickt, dann sagt Sabine, dass das soziale Engagement „plötzlich“ da war: „Mir ist irgendwann klar geworden, wie viele Missstände es gibt und da wollte ich gucken, was man da machen kann.“ Dabei ist es Sabine wichtig zu betonen, dass auch ein unternehmerischer Gedanke dahinter steckt: „Unternehmerisch denken und Gutes tun widerspricht sich nicht. Man muss sich nicht ausbeuten, wenn man etwas Gutes tut.“

Corona wird Sabines Herzensprojekt TUN BEWEGT nicht kleinkriegen. Sie ist beharrlich und will auf jeden Fall „dranbleiben“. „Das hat mir die Corona Zeit gezeigt, ich kann das. Ich bin so von dem Konzept überzeugt, dass ich mich nicht davon abhalten lassen möchte.“  Ihr Traum ist es, TUN BEWEGT deutschlandweit auszubauen: „Ich fände es toll, wenn den Leuten bewusster wird, was man machen kann, und mit gar nicht so großartigen Mitteln. Jeder Mitarbeiter kann über den Tellerrand schauen und sehen, wie es auch sein könnte. Und jeder einzelne kann dazu beitragen, dass es einem anderen Menschen besser geht. So könnte man kontinuierlich Gutes tun. Gutes tun könnte etwas Selbstverständliches werden.“