Maren Jopen

Auf dem Weg zur Unternehmerin

Foto: Flow Photography Sabine Schulte

„Ich will für erwachsene Frauen die Anlaufstelle sein, wenn es um die Frage geht, soll ich gründen oder nicht. Das ist meine Vision.“ Dafür hat Maren Jopen vor kurzem die Jopenau gegründet, einen digitalen Ort, an dem Maren Frauen dazu ermuntern möchte, zumindest einmal darüber nachzudenken, ob Unternehmertum zu ihnen und in ihr Leben passt. „Diese erste Phase halte ich für ganz wichtig. Es ist mir ein ganz tiefes Anliegen, besonders die Frauen zu erreichen, die das vielleicht für sich noch nicht entdeckt haben. Vielleicht weil sie, wie ich früher auch, eine ganze andere Zuordnung von Unternehmertum haben und denken, dass man Tag und Nacht arbeiten muss, sich durchsetzen und hart sein muss, immer mutige Entscheidungen fällen muss und so weiter.“ Maren will Frauen darin unterstützen, Wege kennenzulernen, wie man es anders machen kann, sanfter und vor allem, „wie man es zu einer Tätigkeit machen kann, bei der man spürt, dass man wirklich selbstwirksam tätig ist.“ Inspirieren möchte sie die Frauen über ihre eigene Geschichte: Sie ist seit nun 10 Jahren Unternehmerin, obwohl sie das nie vorhatte und immer dachte „das passt überhaupt nicht zu mir.“

Maren arbeitete nach einem BWL Studium zunächst bei einer Eventagentur und dann mehrere Jahre bei O2 im Marketing. Sie hat dort mit vielen jungen Leuten zusammengearbeitet und in ihrem Job schnell Verantwortung gehabt. Eigentlich war es eine gute Zeit, hätte sie sich nicht schon bald immer wieder die Frage gestellt „wofür das Ganze eigentlich“? Sie begann nach Alternativen zu suchen: „Ich habe Bücher gelesen und bin da Null weiter gekommen. Diese Fragen nach den eigenen Stärken und Vorlieben haben mir nichts gebracht. Oder was man als Kind gerne gespielt hat. Ich habe Puzzle geliebt und Bibi Blocksberg, aber was lässt sich daraus für ein Job ableiten?“

Entscheidung mit großem Impact

Ein glücklicher Zufall stellte dann alles auf den Kopf. Marens Vater, selbst Unternehmer, hatte in einem Zeitungsartikel über ein Projekt in Amerika gelesen, bei dem Gefangene während ihrer Haft zu Unternehmern ausgebildet werden. Das Thema reizte ihn und Maren beschloss, ihren Vater nach Texas zu begleiten. „Da habe ich eigentlich die erste unternehmerische Entscheidung in meinem Leben getroffen. Ich habe etwas entschieden, was im Nachhinein einen riesigen Impact hatte, wovon ich aber in dem Moment nicht wusste, wofür ich das tue.“ Die Begegnungen mit den Menschen im Hochsicherheitsgefängnis in Texas waren ein beeindruckendes Erlebnis. Maren lernte das Programm kennen und erlebte, „was alles möglich ist in einem Leben zu bewegen, das hat etwas in mir gezündet“. Zurück in Deutschland zögerte sie nicht und kündigte entschlossen ihren Job, um gemeinsam mit ihrem Vater dieses Projekt in Bayern zu realisieren. „Ich habe mir gedacht, was ist das Schlimmste, was mir passieren kann und das war die Möglichkeit, dass ich keinen Job habe, das Projekt schief geht und ich mir einen neuen Job suchen muss.“ So weit kam es nicht. Unter dem Namen Leonhard | Unternehmertum für Gefangene wurde das Projekt ein großer Erfolg. Maren tourte durch 36 bayerische Gefängnisse, rekrutierte die Teilnehmer für das Programm und unterrichtete sie in Münchner Gefängnissen. „Natürlich war das für mich eine Gründung light, das muss man ehrlich sagen, denn ich habe es zusammen mit meinem Vater, einem erfahrenen Unternehmer gemacht.“ Trotzdem hatte sie sich damit als Unternehmerin auf den Weg gemacht. In dieser Zeit bekam sie auch ihre beiden Söhne. Sechs Monate nach der Geburt des ersten Sohnes arbeitete sie wieder in Vollzeit, während ihr Mann in Familienzeit ging und sich um das Kind kümmerte. Sie verkörperten das Bild einer modernen Familie und Maren das einer erfolgreichen Sozial-Unternehmerin, doch sie spürte schnell, dass dieses Modell für sie nicht passt: „Wenn ich abends heim kam und mein Sohn schon schlief, war das für mich eine Katastrophe. Ich hatte eine solche Sehnsucht und habe schnell gemerkt, dass das für mich so nicht das Richtige ist.“ Als dann der zweite Sohn zur Welt kam, entschied sich Maren als Teilzeit-Unternehmerin zu arbeiten: „Erst glaubt man, dass das nie funktionieren kann, aber es geht halt doch. Und es ist genau so, wie ich es auch heute noch gerne mache.“

Die Kraft in unternehmerisches Tun stecken

2018 stieg Maren aus dem Gefangenen-Projekt aus, sie „brauchte eine Pause“, und reiste mit Mann und Söhnen für sechs Monate durch Asien. Wieder zurück in München wurde sie im Dezember 2018 Co-Founderin beim Women‘s Hub. Anfang 2016 hatte Eli Perzlmaier das Frauen Netzwerk zusammen mit einer Freundin gegründet, als Community, in der Frauen persönlich wie beruflich wachsen können. „Empowered women create a better world“ ist seither die Vision. „Das Besondere am Women’s Hub ist für mich diese Atmosphäre des Wohlwollens, dieses sich mit offenem Herz und offenem Geist zu begegnen und das Zukunftsgerichtete.“ Engagiert und mit viel Herzblut arbeitete Maren zusammen mit dem Women’s Hub Team daran, die Idee weiter zu verbreiten und das Engagement auch wirtschaftlich tragfähig zu machen. Als die Corona-Pandemie die realen Veranstaltungen unmöglich machte, begann das Team zahlreiche online Events mit unterschiedlichen Themen und Speakern zu organisieren, die Love Sessions. „Das war ultimativ anstrengend, aber es war großartig. Es hat uns durch das Jahr getragen, weil da so viel positive Energie drin war.“ Doch Ende 2020 spürte Maren, dass ihr Anliegen „noch einmal etwas spezifischer“ ist. Ihr wurde klar, dass sie das, was sie bei Leonhard gemacht hat, mit dem was sie von und mit Frauen gelernt hat, zusammenbringen will: „Das war keine einfache Zeit, weder für Eli noch für mich. Wir sind sehr verbunden und sich daraus zu lösen, war für uns beide schwer. Aber ich glaube, wenn etwas so klar da ist, dann ist es ein Aufschieben, wenn man es nicht tut.“

Nach zwei Jahren beim Women’s Hub stieg Maren aus und gründete die Jopenau. „Ich bin der Überzeugung, dass es gut ist, sehr trennscharf zu sein, sonst vermischt sich alles zu sehr. Ich glaube, es entwickelt eine größere Kraft, wenn ich ganz klar die bin, die für das Thema Unternehmertum und Frauen steht.“ Ihre Kern-Zielgruppe sind Frauen um die 40, die sich in einer ähnlichen Lebenssituation befinden wie sie selbst. Auch Frauen, die Kinder haben, die langsam „aus dem Gröbsten rauskommen“ und die sich die Frage stellen, was eigentlich aus ihnen wird, wenn sie in ein paar Jahren als Mutter nicht mehr so gefragt sind. Maren: „Das ist ein sehr kraftvoller Moment. Und ich möchte die Frauen ermuntern, sich zu überlegen, ob sie diese Kraft nicht in unternehmerisches Tun stecken möchten.“

Unternehmertum und eigene Persönlichkeit verknüpfen

In der Jopenau bietet sie ab März online Kurse an. Der Einstiegskurs discover dauert drei Wochen und am Ende „kannst du dir die Frage beantworten, ob du Unternehmerin werden möchtest und ob das in dein Leben passt.“ Wer die Frage bejaht, kann dann in der 12-wöchigen Masterclass u.a. eine tragfähige Geschäftsidee entwickeln, lernen, wie man ein Unternehmen aufbaut, seinen eigenen Weg findet, es zu führen und alle praktischen Fragen rund um die Gründung klären. Die Teilnehmerinnen dieses Kurses werden von Maren und anderen Expert*innen, wie Coaches und einer Steuerberaterin bis zur tatsächlichen Gründung des eigenen Unternehmens begleitet. „Und das ist auch ein Punkt, der das Programm von anderen unterscheidet, dass es hier tatsächlich ganz praktisch ums Gründen geht: was muss ich tun, wen muss ich anrufen? Was heißt das für Steuer und Versicherung. Das sind lästige Themen, die viele nerven und denen wollen wir den Schrecken nehmen.“ Die beiden Kurse sind in Videomodule aufgeteilt, die die Teilnehmerinnen jederzeit abrufen können. Zusätzlich ist jede Frau in einer Mastermind Gruppe zusammen mit drei/vier anderen Frauen, mit denen sie sich austauschen kann und die sich gegenseitig unterstützen. Außerdem gibt es wöchentliche live-calls mit Maren, während der die Frauen ihr und den anderen Expert*innen Fragen stellen können. Auch bekommt jede Teilnehmerin ein physisches Workbook, in dem sie konkret arbeiten kann.

Persönliche Weiterentwicklung durch praktisches Tun, das ist Marens Credo für die Jopenau. „Das, was sich im außen tut, immer wieder als Spiegel zu nehmen, für das, was mich im Innern ausmacht, ist sehr sinnvoll. Das Unternehmertum und die eigene Persönlichkeit zu verknüpfen, daraus entwickelt sich viel.“

Frauen sind bei Unternehmensgründungen bislang deutlich unterrepräsentiert. Eine Studie des Bundesverbands der deutschen Start-ups und Google, der „Female Founders Monitor“,  aus dem Jahr 2020 zeigt, dass 70% der Start-ups in Deutschland bislang von Männern gegründet werden. Es ist also höchste Zeit für einen Wandel. Und es ist eine gute Zeit für die Jopenau.

www.jopenau.de