Friederike Streib

Salon F – ein Club nur für Frauen

Foto: privat

Wer erinnert sich nicht an die altehrwürdigen Herrenclubs aus alten Filmen, mit von Zigarrenrauch geschwängerter Luft und Männern, die ein Whiskyglas schwenkend ernst über Politik diskutieren oder nonchalant am Billardtisch lehnen. Friederike Streib jedenfalls erinnert sich gut daran: In ihrer Kindheit hat sie gerne Geschichten gelesen, die in der Kolonialzeit spielten „und wo es dann diese Herrenclubs gab. Das fand ich irgendwie faszinierend und wahrscheinlich ist da irgendetwas in meinem Kopf hängengeblieben.“

So kam es, dass Friederike nach einem Studium der Philosophie, einem Master of Business Administration (MBA) und verschiedenen Jobs im Kulturmanagement im Jahr 2019 zusammen mit Judith Anger den Salon F gründete, ein Coworking Space in München nur für Frauen. Eine Premiere in der Stadt. Die Exklusivität hat verschiedene Gründe. Friederike: „Frauenthemen interessieren mich schon immer und dann habe ich von einer New Yorker Initiative gehört, wo diese beiden Dinge zusammenkamen, das fand ich einfach schlagend. Das Ganze hat sich dann dadurch verfestigt, dass ich begonnen habe, mich mehr auch bewusst in solche Frauenkontexte zu begeben und die Frauenlandschaft in München zu erkunden, mich da zu vernetzen. Ich habe da dann nochmal mehr gemerkt, was in solchen reinen Frauen Communities oder bei deren Veranstaltungen für eine Atmosphäre herrscht und hab das dann noch einmal neu schätzen gelernt. Das hat mich weiter darin bestärkt, dieses Projekt zu verfolgen. Ich glaube, dass Frauen in unserer Gesellschaft leider immer noch eine andere Position haben, andere Rollen einnehmen und man kann schon eine Welt denken, wo das nicht so sein müsste. Und ich glaube solche Orte und solche Gelegenheiten, wo nur Frauen zusammenkommen, schaffen einen Raum, wo Frauen anders zum Blühen kommen oder sich in dieser Gemeinschaft anders entfalten. Man kann solche Gelegenheiten bewusst schaffen und die Frauen gehen von diesen Orten und von diesen Begegnungen irgendwie bestärkt zurück in eine Gesellschaft, wo vielleicht nicht alles so gleich ist, wie man es sich vielleicht wünschen würde.“

Natürlich wird Friederike auch oft mit der Meinung konfrontiert, dass dies nicht der richtige Weg sei, man vielmehr gemeinsam machen und gemeinsam an einem anderen Miteinander arbeiten könnte. „Man kann beide Meinungen haben“, sagt sie, bleibt aber ihrer Idee treu. Dabei ist es ihr wichtig zu betonen, dass es nicht um Abgrenzung geht, sondern vielmehr um das Austesten einer Idee.

Mehr als nur ein Arbeitsort

Das New Yorker Vorbild heißt übrigens „The Wing“ und ist ein Club und Coworking-Space für Frauen, dessen Geschichte in Manhattan begann. Mittlerweile hat „The Wing“ mehrere Standorte überall in den USA und ist sehr erfolgreich damit. Die Idee des Frauen Coworking-Spaces beschäftigte Friederike mehrere Jahre, bis es dann 2019 so weit war. Zusammen mit einer Partnerin, Judith Anger, startete sie zunächst mit einem Popup in der Innenstadt. Anfang 2020 ergab sich dann die Gelegenheit die großzügigen und lichtdurchfluteten Räume an der Leopoldstraße als Zwischennutzung zu mieten.

Der Salon F ist ein Coworking Space, aber definitiv mehr als nur ein Arbeitsort. Friederike Streib möchte hier Begegnung und Gedankenaustausch ermöglichen und steht damit ganz in der Tradition der (Frauen)Salons, wie es sie in Frankreich oder in den anglophonen Ländern seit Jahrhunderten gibt. Der Name ist Programm. Friederike: „Der Salongedanke hat uns gut gefallen, weil der diesen Ort beschreibt und diese Idee, dass Menschen mit interessanten Themen zusammenkommen und sich austauschen. Das F ist ein bisschen ein Platzhalter für Frauen oder female und das ist angelehnt an eine journalistische Plattform in Berlin, die edition F, die sehr erfolgreich geworden sind in den letzten Jahren.“

Wer hier arbeiten möchte, kann einen festen oder einen flexiblen Arbeitsplatz buchen. Außerdem kann man die Räumlichkeiten über den Dächern der Stadt für Veranstaltungen mieten, für Kurse, Seminare oder Coachings. Darüberhinaus bietet der Salon F auch ein eigenes Veranstaltungsprogramm an, vom After-Work-Drink bis zum philosophischen Vortrag, Meditations- oder Yogakurs sowie Veranstaltungen mit Themen aus dem beruflichen Kontext. Und natürlich können Frauen auch kommen und hier einfach nur auf dem Sofa sitzen und ein Buch lesen, „also diesen Ort schätzen und in die Community eintauchen“. Der Salon F eröffnete 2020 kurz bevor Corona an Fahrt aufnahm. Vieles von dem, was angedacht war, fand deswegen gar nicht statt oder in veränderter Form, etwa als online Event.

Friederike managt den Salon F mittlerweile alleine, von der Buchhaltung über die Konzeption von Veranstaltungen bis zur deren Organisation, das ist ein Vollzeit-Job. Für sie schließt sich die anspruchsvolle Aufgabe an das an, was sie vorher gemacht hat: „Es ist eine Herausforderung so etwas alleine als Selbstständige zu machen, aber nichts wovor ich Respekt hatte und dachte, dass es nicht zu bewältigen ist.“

Der Salon als erweitertes Wohnzimmer

Die Frauen, die in den Salon F kommen sind zwischen Mitte 20 und Mitte 50 und haben viele verschiedene Hintergründe. Innerhalb dieser, auch gewünschten Heterogenität, gibt es eine große Anzahl an Frauen zwischen 30 und Mitte 40, die lange festangestellt waren und nun das Gefühl haben, dass ihre Karriere irgendwie stagniert. Frauen, die sich mit ihrer Situation auseinandersetzen, überlegen auszusteigen und etwas Neues zu beginnen. Gerade für diese Frauen ist der Austausch mit Gleichgesinnten besonders wichtig, um sich inspirieren zu lassen und sich gegenseitig zu ermutigen.

Das Coworking nutzen natürlich vor allem selbstständige Frauen, auch solche, die kleine Unternehmen haben. In Corona Zeiten kommen aber auch Angestellte, die hin und wieder aus der Einsamkeit des Home Office entfliehen wollen. Friederike möchte die räumliche Nähe zur Universität nutzen und auch gezielt jüngere Frauen ansprechen, die in den letzten Zügen ihres Studiums sind und von der Community profitieren und sich inspirieren lassen könnten. Auch ältere Frauen, in denen sie eine große Bereicherung sieht, weil sie viel Lebenserfahrung haben, sollen ein Zuhause im Salon F haben. Pläne, die sich wegen der Corona Pandemie noch nicht ganz so wie gewünscht verwirklichen ließen.

So war es für Friederike eine hervorragende Nachricht, als sie vor kurzem die Zusage für eine Verlängerung der Zwischennutzung bekam und sie ihr Projekt nun noch bis mindestens Mitte 2022 in der Leopoldstraße fortsetzen kann. Mehr Zeit also, um angedachte Veranstaltungen und Pläne umzusetzen. Dazu gehört auch Friederikes Vision, den Salon als „erweitertes Wohnzimmer“ zu nutzen. Ein Gedanke, der in anderen Ländern etablierter ist, meint Friederike, „weil es das dort immer gab, etwa die Herrenclubs im angloamerikanischen Raum, oder die College-Houses. Da denkt man viel mehr in Communities, denen man sich zugehörig fühlt.“ Aber sie ist überzeugt davon, dass sich diese Idee auch in unserer Gesellschaft etablieren wird, „weil man sich an diesen Orten mit Menschen zusammentun kann, die ähnliche Gedanken teilen und einen ähnlichen Lifestyle. Ich glaube daran, dass solche Orte mehr gebraucht und geschätzt werden, wo sich Arbeiten, Freundschaft und dieses Miteinander sein mischen.“ Ein bisschen Überzeugungsarbeit wird vielleicht noch nötig sein, um den Menschen klar zu machen, dass solche Communities „einen Mehrwert für ihr Leben“ darstellen. Aber wer weiß, vielleicht hilft ja die Lage in der Schwabinger Leopoldstraße, wo das Flanieren, das sich in ein Café setzen, sehen und gesehen werden schon immer zum Münchner Selbstverständnis dazugehörte.

Wir dürfen also gespannt sein auf die Entwicklung, die zukünftigen Begegnungen und den Austausch im Salon F. Und wer weiß… im Pariser Salon der Gertrude Stein beispielsweise trafen sich Anfang des 20. Jahrhunderts zu der Zeit unbekannte Persönlichkeiten der künstlerischen Avantgarde wie Pablo Picasso, Henri Matisse oder Georges Braque. Wir werden sehen, mit wem wir bei den hoffentlich bald wieder möglichen Präsenz-Veranstaltungen im Salon F unseren Drink nehmen und anregende Gespräche führen werden.

www.salon-f.de

Instagram: @_salonf_