Eli Perzlmaier

Eine Sehnsucht, sich menschlich zu begegnen

Foto: Anne Kaiser

  • Warum hast du den Women‘s Hub gegründet?

Den habe ich gegründet in dem Bewusstsein, dass es so viele Frauen gibt, die ihre Potentiale nicht auf die Straße bringen, das habe ich bei mir selbst entdeckt und bei vielen Frauen, die ich kenne, wo ich sehe und spüre, dass soviel in ihnen steckt. Für mich war von Anfang die Bühne beim Women‘s Hub ein zentrales Element, dieses über sich sprechen und sich selbst eine Bühne geben. Es war für mich klar, dass das ein guter Weg ist, um in diese Größe zu kommen oder diese Potentiale, die in einem schlummern zu entdecken und zu entfalten und zwar in der Gemeinschaft. Das war sicher beeinflusst von der TedX, die ich nach München geholt habe, und durch ein eigenes Erlebnis, wo ich meine Geschichte auf einer Bühne erzählt habe, obwohl ich dachte, ich habe überhaupt keine Geschichte. Das Schöne ist eben zu erleben, was in dem Raum passiert ist, wenn wir uns öffnen und uns zeigen. Wir müssen das aus den Frauen ein bisschen rauskitzeln, weil wir ja dazu neigen unser Licht unter den Scheffel zu stellen, uns zurückzuhalten. Wir sind so sozialisiert, halt mal den Ball flach, sei bescheiden. Deshalb wollen wir dieses „auf die Bühne gehen“ begleiten und machen mit den Frauen ein Speakercoaching, damit auch alle in die Größe gehen. Die Idee des Women‘s Hub war es, hinzuschauen und zusammen mit den Frauen zu spüren, wo die Schätze in den Geschichten vergraben liegen und die Frauen dann auch in die Größe zu bringen auf dieser Bühne in einem „Safe Space“. Der Women‘s Hub und „Sag doch, wer du bist“ sind eigentlich parallel entstanden, beides im Jahr 2016

  • Auf deiner Webseite steht: „Besonders häufig sehe ich gedimmte Scheinwerfer bei Frauen“. Woran liegt das?

Ich glaube Männern fällt es leichter, in die Größe zu gehen, ob das dann wirklich die zutiefst verbundene Größe ist, weiß ich nicht. Frauen sind anders sozialisiert. Das ist in unserer Erziehung verankert, in unserer Kindheit, da gibt es vielfältige Dimmungsschalter. Wenn man etwa liest, was in den Poesiealben steht, „sei sittsam und bescheiden“, das war ein großer Wert. Das ist bei Jungs nicht so, das ist der Coole, der ist frech, der ist wild. Auch wenn uns diese Dinge immer mehr in Bewusstsein rücken, im Innern ist das schon immer noch da. Ich weiß nicht, wie viele wundervolle Frauen, von denen wir sofort sagen würden, boah ist die toll, überhaupt kein Bewusstsein dafür haben.

  • Empowerment: was heißt das für dich?

Dass Frauen die Größe, die sie sowieso alle haben, auch annehmen können, dass sie sich selbst glauben, sich vertrauen, ihre Kraft entdecken, sie leben und auch zeigen. Oft gibt es diesen vielleicht auch neidvollen Blick auf andere, weil man es sich selbst nicht traut. Aber eigentlich hat man alles selber und das meine ich mit, sich seiner selbst bewusst zu sein. Der nächste Schritt ist, und das gehört für mich auch zu Empowerment, wenn ich in meiner Kraft bin, dann bin ich auch in Verbindung mit meinen Mitmenschen. Wenn ich bei mir bin und ich selbst bin, dann bin ich automatisch auch im Einklang mit meinen Mitmenschen, kann sie mitnehmen und das ergibt dann eine schöne Energie. Das ist ein Empowerment, das nicht aufs Individuum bezogen bleibt, sondern auf das Kollektiv.

  • Der Women‘s Hub als Raum nur für Frauen – warum?

Ganz grundsätzlich bin ich der Meinung, dass wir diese Räume für Frauen brauchen. Gerald Hüther etwa sagt, dass die Potentialentfaltung in der Gemeinschaft, dann am besten funktioniert, wenn wir uns in einer Gemeinschaft befinden, in der wir uns wohl fühlen. Und ich sehe diese Potentialentfaltung, dieses in die Größe kommen, auch ein Stück weit als Heilung und das passiert eben am besten unter Frauen. Ich bin aber auch der Meinung, dass Männer das brauchen, dass es das für Jugendliche, für Mädchen, für Jungen, für die Arbeitswelt geben sollte und im Endeffekt ist es einfach nur eine Sehnsucht, die ich sehe bei Menschen, sich menschlich zu begegnen. Das ist das, wofür wir Räume öffnen und was wir verändern wollen. Und diese Räume darf es für alle Gemeinschaften geben und am Ende wenn wir alle „geheilt“ sind, dann geht es darum, alles zusammenzubringen. Wir sind ja nicht auf der Erde, hier sind die Männer, das sind die Frauen, sondern es geht ja darum, zu ko-kreieren und gemeinsam Freude am Leben zu haben.

  • Du strahlst viel Kraft und Energie aus: Warst du schon immer „empowered“?

Ich würde sagen, dass ich tatsächlich sehr viel Energie habe. Aber es gab schon ganz oft Phasen in meinem Leben, wo ich da nicht dran gekommen bin. Und ich glaube auch, dass diese Energie, dieses Empowerment, diese Kraft, das ist immer da, aber wir kommen manchmal nicht dran und manchmal braucht es dann eben andere Menschen, die Gemeinschaft, um daran zu kommen. Manchmal braucht es Ruhe, um daran zu kommen. Und manchmal braucht es ein anderes Arbeitsumfeld, was auch immer…  auch bei mir, ich war schon oft nicht verbunden mit dieser Kraft, würde ich sagen. Aber ich habe auch das Gefühl, dass ich mit jedem Rückschlag eigentlich stärker werde. Und ich weiß inzwischen, dass die Energie da ist und schaue dann, was gerade schief liegt, arbeite daran und verändere das.

  • Ist es wichtig, mit der eigenen Geschichte nach außen zu gehen?

Absolut. Und vor allem das Tolle ist, wenn du dich selbst ausdrücken kannst, wahrhaftig zeigen kannst, wer du bist und wofür Du stehst, dann ziehst du automatisch die Menschen an, mit denen du auch arbeiten, sein und leben willst. Bei „Sag doch, wer du bist“ habe ich lange überlegt, da steht auch ich arbeite nur mit den Guten, wer auch immer die Guten sind, aber ich hatte nach diesen langen Jahren in der Agentur wirklich nur noch Bock mit Menschen zu arbeiten, die ehrlich, fair und tiefgründig sind und nur die kommen zu mir. Du filterst automatisch, wenn du „du selbst“ bist, ziehst du die Leute an, die zu dir passen.

  • Gibt es eine Geschichte einer Frau, die dich beeindruckt oder berührt hat?

Das ist die einzige Frage, die ich nicht richtig gut antworten kann, weil ich von so vielen Frauen in verschiedensten Aspekten schwer beeindruckt bin. Da gibt es keine wirkliche Wertung für mich, insofern kann ich sagen, dass alle Frauen, die für sich losgehen, die hinschauen wollen, auch in Schatten und Abgründe, um zu heilen, um in die Kraft zu kommen, die sich entscheiden nicht mehr Märtyrerin, sondern Vorbild zu sein, sich verletzlich zeigen, sich weiterentwickeln, an sich arbeiten und auch in eine Balance und einen gesunden Einklang mit der Welt und mit den Mitmenschen kommen, sie alle imponieren mir. Und davon gibt es so viele und immer mehr… Das macht mich glücklich.

https://www.womenshub.de/

https://sagdochwerdubist.de