Andrea Guenther

Sich über das Atmen selber spüren und finden

Foto: Christian Geisselmann

„Beim Atmen fangen die Menschen an, sich zu spüren. Da laufen oft die Tränen und dieses übermannt sein von den eigenen Gefühlen, sich selbst zu spüren und sich zu sehen, ohne in den Spiegel zu schauen, das ist für die meisten ein so unfassbar überwältigendes und schönes Gefühl zugleich. Und dann verstehen sie erst, was die Atmung kann.“ Begeistert beschreibt Andrea Guenther die Wirkung des bewussten Atmens. Sie ist Breath und Development Coachin in München und setzt die Atemarbeit als kraftvolles Tool in ihrem Coaching ein.

Dabei ist auch für Andrea Guenther der erste Schritt im Coaching das Gespräch, das Zuhören, die richtigen Fragen zu stellen, um Denkprozesse anzustoßen und andere Sichtweisen aufzuzeigen. Das ist klassisches Coaching. Doch sie hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten Menschen, die zu ihr kommen, die Verbindung zu sich verloren haben, sich nicht mehr spüren und keine Antworten mehr finden, auf die Frage, wohin es gehen soll oder wie sie Probleme überhaupt lösen können. Sie erlebt, dass „die Antwort ständig im Außen gesucht wird. Doch da liegt sie nicht wirklich“.

Mit der Atemarbeit, dem Breathwork, unterstützt sie ihre KlientInnen dabei, wieder den Zugang zu sich selbst zu finden. Dafür muss sie zunächst überhaupt erst einmal ein Atembewusstsein schaffen. Andrea Guenther: „Die meisten haben leider keinen Bezug zu ihrer Atmung. Sie können manchmal nicht einmal bewusst in den Bauch atmen.“ Mithilfe ihrer Hände führt sie die KlientInnen, setzt Impulse und unterstützt sie so dabei, bewusst in die eine oder andere Körperregion zu atmen.  Die Atmung ist die einzige vegetative Körperfunktion, die automatisch funktioniert und die gleichzeitig willentlich gesteuert werden kann. Dadurch kann sie ein Weg zur Lösung vieler Themen sein, denn so Andrea Guenther: „Das macht sie zu einem kraftvollen Schlüssel, dessen sich meine KlientInnen dann auch bedienen können, um die Verbindung zu sich aufzubauen.“

Schnelle Lösung für komplexe Themen

Die Atemarbeit geht über den Körper und das Gefühl. Das Coaching bleibt nicht im Kopf stecken. Andrea Guenther nennt es die „Hirn-und-Herz Kohärenz“, „wenn der Verstand anfängt, das Herz zu verstehen und wenn das Herz den Verstand versteht. Viele Menschen haben verlernt, ihre Gefühle zu deuten oder über ihre Gefühle zu sprechen.“ Der Atem beeinflusst den Körper, die Seele und die Psyche, er wirkt auf allen drei Ebenen. Tatsächlich laufen beim Atmen auch physisch messbare Prozesse im Körper ab, so verändert sich etwa der ph-Wert im Blut oder die Sauerstoffzufuhr im Gehirn.

Doch noch ein anderer Aspekt spricht ihrer Meinung nach für die Atemarbeit: „Wir leben in einer schnelllebigen Zeit. Oft zu schnell. Ich wollte eine Lösung finden für komplexe Themen innerhalb von kurzer Zeit, die aber auch nachhaltig funktioniert und anhält. Und das erreiche ich dadurch, dass ich meine KlientInnen befähige, sich mit ihrer eigenen Atmung aus unguten Situationen und stressigen Lebenslagen herauszuziehen. Die Atmung gibt ihnen das Gefühl, ICH übernehme die Führung für mich und bin nicht mehr das ausgelieferte Opfer meiner Lebensumstände.“

Andrea Guenther hat eine Ausbildung zur Atemkursleiterin an der Paracelsus Heilpraktiker Schule gemacht, hat sich zur Breath Coachin ausbilden und sich schamanisches Atmen lehren lassen. Wenngleich Spiritualität für sie ein wichtiges Thema ist, spricht sie mit ihren KlientInnen eine verständliche Sprache und versucht „auf wissenschaftlich basierter Sprache mitzugeben, was durch Atemarbeit passiert, denn es ist erklärbar und das macht es greifbar.“ Die Menschen, die zu ihr kommen, brauchen das, sie kommen meist aus leistungsorientierten Berufen, aus dem Management und können mit Spiritualität nichts anfangen. Jemand, der 24/7 im Dauerstress lebt, kann nicht viel anfangen mit Worten wie Fülle, Freude oder loslassen. Andrea Guenther bietet ihr Coaching verbunden mit der Atemarbeit daher auch für Unternehmen an, denn für diese wird es immer wichtiger, ihren Mitarbeitern in der fordernden Arbeitswelt Möglichkeiten für eine physische und psychische Stärkung als Mehrwert anzubieten.

Eine Welt, in der Andrea Guenther selbst über viele Jahre gelebt hat. Nach einem Praktikum beim Musiksender Viva in Köln, hat sie lange als Musikjournalistin, Producerin und Moderatorin bei MTV in München, London und Berlin gearbeitet. Ein Leben auf der Überholspur, immer im Stress, ohne Pause. Irgendwann hat sie sich „leer“ gefühlt, war übersättigt und der Traumjob hat ihr keinen Spaß mehr gemacht: „Diese Oberflächlichkeit, ich konnte das Leben nicht mehr spüren und ich konnte mich nicht mehr fühlen. Da habe ich gemerkt, dass ich etwas ändern muss, aber ich wusste nicht was.“ Aus dem Job auszusteigen, bedeutete ihre Welt zu verlieren, ihren Job, ihre KollegInnen, die gleichzeitig auch ihre Freunde waren. Doch die Angst, sich selbst zu verlieren wuchs. Andrea Guenther kündigte schließlich bei MTV und machte sich in München mit einer eigenen Produktionsfirma selbstständig. Zunächst fühlte sich das gut an, doch irgendwann war sie auch hier am Ende angekommen. Sie floh in ihre zweite Heimat Ibiza und beendete ihre Ausbildung als Yogalehrerin, die sie kurz zuvor angefangen hatte. Hier macht sie erste Erfahrungen mit dem Atem. Danach ging alles sehr schnell. Andrea macht eine Ausbildung zum Life Coach, später zum Business Coach, Trainer und Change Management Consultant und fliegt kurze Zeit darauf nach Mexiko, wo sie ein Retreat mit Dr. Joe Dispenza besucht, einem Neurowissenschaftler und spirituellen Lehrer für Veränderung und Meditation. Diese Erfahrung verändert ihr Leben. „Es ging primär um Meditation, Quantenphysik, und darum die Kontrolle über die eigenen Gedanken zu bekommen, aber auch um die Kraft der Atmung. Diese Atmung hat alles aufgemacht, sie hat meinen Körper zum Beben gebracht und ich habe gespürt, wieviel Schmerz, Traurigkeit und Wut noch in mir ist, die nie rauskamen. Ich habe gespürt, dass unser Schmerz und unsere Traurigkeit in unserem Körper sprichwörtlich feststecken. Und da wusste ich: Das ist es. Mit Atemarbeit kann ich mich davon befreien und heilen.“

Die Atmung ist unser größter Buddy

Heute bringt Andrea Guenther mit ihren Ausbildungen Coaching und Atemarbeit zusammen und hat daraus ihre eigene Methodik entwickelt. Stress ist in der Arbeit mit ihren KlientInnen oft das Hauptthema, „weil alles darauf hinausläuft. Alles, was uns negativ beschäftigt, traurig macht, ungut ist und uns unwohl fühlen lässt, hat etwas mit Stress zu tun“. Die Menschen, die zu ihr kommen, haben dieses Gefühl der Überlastung und Überforderung und finden keine Lösung für ihre Probleme. Dabei haben sich die meisten schon mit diesen Fragen beschäftigt, haben vielleicht schon eine Therapie gemacht, etwas gelesen oder im Internet recherchiert. Andrea Guenther: „Die Menschen werden heute überschüttet mit Informationen zu besserem Mindset, Meditation und Persönlichkeitsentwicklung. Social Media ist voll von Mentoren, Speakern und anderen, die Menschen befähigen wollen, sie selbst zu sein. Das ist grundsätzlich eine schöne Veränderung in unserer Gesellschaft. Nur der Schlüssel fehlt. Es bleibt alles im Kopf. Wir können uns Wissen aneignen, aber dieses Gefühl für sich selbst zu bekommen, das schafft unsere Atmung. Sie war auch für mich ein Lifechanger, ich habe es selber erfahren dürfen, sonst wäre ich nie da, wo ich heute bin.“

Mit ihrer Arbeit will sie keine Abhängigkeiten schaffen, sondern ihr Wunsch ist es, „die Menschen wieder auf die Beine zu stellen, damit sie selber laufen können, mit einem graden Rücken, mit offenem Herzen und mit Freude“. Selfempowerment ist das Ziel. Dafür zeigt sie ihren KlientInnen nach zwei bis drei Coachingsessions Atemübungen, die sie jederzeit zuhause machen können. Und auch wenn Andrea Guenther Atemarbeit und keine Atemtherapie macht, können ihre KlientInnen das Atmen so für sich als therapeutisches Tool nutzen. Ein  nachhaltiger Weg und die Erkenntnis: „Die Atmung ist unser größter Buddy, der uns nie im Stich lässt, den wir immer verlässlich an unserer Seite haben.“ Und das ist auch Andrea Guenthers persönliche Erkenntnis: „Wenn ich gestresst bin oder mir Sorgen mache, kann ich mein Nervensystem selbst regulieren. Mit der Atmung kann ich meine Gefühle einordnen und sortieren und bin dafür nicht von meinem Gegenüber abhängig. Das ist für mich mein größter Erfolg, meine größte Freiheit und das ist im Grunde genommen das, was ich weitergebe.“

https://andrea-guenther.de/